interviewDer frühere österreichische Geheimdienstchef Gert-René Polli, 54, hat die Bemühungen der Berliner Regierung und des Parlaments, die sogenannte BND/NSA-Affäre aufzuklären, als „politischen Aktionismus“ bezeichnet.

Dass der BND womöglich die NSA bei der Überwachung österreichischer Be-hörden unterstützt habe, sei für die Fachwelt „überhaupt keine Überraschung“, sagte der ehemalige Leiter des Wiener Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Die aktuell scharf kritisierten Spionage-Aktionen der NSA nannte Polli reine Routine, jeder Spezialist wisse von diesen Geheimdienstoperationen. In nahezu jeder europäischen Hauptstadt arbeiteten die einheimischen Nachrichtendienste mit den Amerikanern zusammen. In Deutschland sei der BND immerhin noch in der Lage, die NSA zu kontrollieren. Kleinere Nachrichtendienste in Europa seien auf Grund fehlender technischer Mittel dazu nicht fähig.

Polli war nie ein großer Freund der US-Agenten. Während seiner Zeit als Leiter der Spionage-Abwehr in Wien ging er hart gegen US-Spione vor und untersagte ihnen Operationen in Österreich. Jahre später wurde Polli von amerikanischer Seite denunziert, der iranischen Regierung sensible Militärunterlagen beschafft zu haben. Das Verfahren der Karlsruher Bundesanwaltschaft wurde mangels Verdachtslage eingestellt.

 

Quelle: Focus